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Gerblinger
Rechtsprechung, Inkasso-Entscheidung

Urheberrechtsschutzfähigkeit von Computersoftware, Juris-Recherche


Gericht: BGH 1. Zivilsenat
Datum: 1985-05-09
Az: I ZR 52/83
NK: UrhG 2 Abs 1 Nr 1, UrhG 2 Abs 1 Nr 7, UrhG 2 Abs 2

Titelzeile
(Urheberrechtsschutzfähigkeit von Computerprogrammen - Inkasso-Programm)

Leitsatz
Inkasso-Programm
1. Computer-Programme sind grundsätzlich einem Urheberrechtsschutz als Schriftwerke nach UrhG 2 Abs 1 Nr 1 oder als Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art nach UrhG 2 Abs 1 Nr 7 zugänglich.
2. Zu den Anforderungen an das Erfordernis der persönlichen geistigen Schöpfung (UrhG 2 Abs 2) bei Computer-Programmen.

Orientierungssatz
1. Computerprogramme sind grundsätzlich in jedem Stadium ihrer Entwicklung dem Urheberrechtsschutz zugänglich: der in einer Studie (Pflichtenheft) als Ergebnis der Problemanalyse (Systemanalyse) beschriebene (auch symbolsprachliche) Lösungsweg als Schriftwerk iSd UrhG 2 Abs 1 Nr 1; die graphische Darstellung des Datenflußplans (Flußdiagramms) als Darstellung wissenschaftlicher und technischer Art iSd UrhG 2 Abs 1 Nr 7; die Darstellung des Programmablaufplans (Blockdiagramms) meist als Mischform aus Schriftwerk und Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art; das fertige Computerprogramm als Primärprogramm (Quellenprogramm) oder als auf einem Datenträger festgehaltenes auch nur maschinenlesbares Objektprogramm als Objektprogramm als Schriftwerk iSd UrhG 2 Abs 1 Nr 1.
2. Neben den vorgenannten bei der Programmentwicklung regelmäßig anfallenden Formgestaltungen können in den Vorstufen weitere dem Urheberrechtsschutz zugängliche Arbeitsergebnisse entstehen (Beschreibungen, Dokumentationen, Unterprogramme uä). Ergänzend kann schutzfähiges Begleitmaterial hinzutreten, das neben den Computerprogrammen und den Programmbeschreibungen ebenfalls dem Oberbegriff der Computersoftware zugerechnet wird.
3. Als persönliche geistige Schöpfung (UrhG 2 Abs 2) kommen für die Urheberrechtsschutzfähigkeit von Computerprogrammen und ihren Vorstufen nur die Auswahl und die Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des Materials in Betracht. Die Frage nach dem hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad iSd UrhG 2 Abs 2 beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung bislang entwickelten Grundsätzen (ausgeführt).
4. Zur urheberrechtlichen Beurteilung des Computerprogramms und seiner Vorstufen in ihrem Verhältnis zueinander als Werk (UrhG 2), Bearbeitung (UrhG 3), Vervielfältigung (UrhG 16) bei einheitlichem (UrhG 2, UrhG 8) und getrennten Werkschaffen:
4.1 Kann im Einzelfall eine hinreichende schöpferische Gestaltungshöhe nur in der Anfangsphase der Programmentstehung (zB bei der generellen Problemlösung und dem Datenflußplan), nicht dagegen in den späteren Arbeitsphasen (beim Programmablaufplan und insbesondere auch nicht bei der Codierung) festgestellt werden, so steht dies der Urheberrechtsschutzfähigkeit des vollendeten Werkes, des betriebsfertigen Programms, grundsätzlich nicht entgegen. Bei einem einheitlichen Werkschaffen gehen die schöpferischen Vorarbeiten in das endgültige Werk ein.
4.2 Bei getrenntem Werkschaffen wäre die generelle Problemlösung als eigentliches Werk, der eigenschöpferisch gestaltete Datenflußplan als deren abhängige Bearbeitung (UrhG 3) und der Programmablaufplan sowie die Codierung als unfreie Benutzung in Form der Vervielfältigung (UrhG 16) zu beurteilen.
4.3 Sind an der Programmentstehung als einem einheitlichen Werk mehrere Urheber beteiligt, so wird - falls die Beteiligten nicht etwas Gegenteiliges wollten - ein gemeinsames Werkschaffen vorliegen (UrhG 8), bei dem das betriebsbereite Computerprogramm das endgültige urheberrechtsgeschützte Werk darstellt.

Fundstelle
BGHZ 94, 276-292 (LT1)
DB 1985, 1130-1130 (T)
BB 1985, 1747-1752 (ST)
WM IV 1985, 1235-1242 (LT1-2)
EBE/BGH 1985, 362-370 (LT1-2)
DB 1985, 2397-2399 (LT1-2)
Medien und Recht 1985, Nr 5, Archiv 1-4 (LT1-2)
WuB V F UrhG 2 1.85 (LT1-2)
GRUR 1985, 1041-1049 (LT1-2)
NJW 1986, 192-197 (LT1-2)
MDR 1986, 121-122 (LT1-2)
iur 1986, 18-23 (LT1-2)
EWiR 1985, 907-908 (ST)
ZUM 1986, 39-48 (LT1-2)
BlPMZ 1986, 127-127 (L1-2)
RDV 1985, 36-42 (LT1-2)
DuD 1989, 35-41 (LT)

Diese Entscheidung wird zitiert von:
OLG Düsseldorf 1987-12-30 20 U 30/87 Vergleiche
KG Berlin 1987-02-13 5 U 4910/84 Vergleiche
LG Düsseldorf 1986-12-17 12 O 759/84 Vergleiche
AG Düsseldorf 1987-06-26 43 C 843/85 Vergleiche
OLG München 1988-01-14 29 U 2036/87 Vergleiche
BGH 1989-02-14 X ZB 8/87 Vergleiche
AG Rheine 1988-09-20 5 Gs 847/88 Vergleiche
LG Münster 1988-10-04 7 Qs 58/88 III Vergleiche
BGH 1989-10-26 I ZR 216/87 Festhaltung
BGH 1989-11-30 I ZR 191/87 Vergleiche
OLG Frankfurt 1989-04-26 13 U 54/88 Anschluß
LG Stuttgart 1990-09-27 17 O 460/90 Vergleiche
OLG Celle 1991-02-20 6 U 15/90 Vergleiche
LG München II 1992-03-10 4 Qs 11/91 Abweichung
LG Köln 1992-01-28 31 O 344/91 So auch
GRUR 1986, 222-235, Haberstumpf, Helmut (Entscheidungsbesprechung)
iur 1986, 7-12, Schmidt, Werner
iur 1986, 12-17, Röttinger, Moritz
iur 1986, 23-23, Zahrnt, Christoph (Anmerkung)
CuR 1986, 249-259, Erdmann, Willi (Entscheidungsbesprechung)
DB 1985, 1274-1278, Becker, Helmut
WissR 1986, 133-140, Loeper, Adalwolf von
RDV 1985, 27-33, Abel, Ralf Bernd
WuB V F 2 UrhG 1.85, Rutke, Wolfgang (Anmerkung)
CR 1986, 699-701, Sieber, Ulrich (Entscheidungsbesprechung)
CR 1988, 332-339, Ilzhöfer, Volker
CR 1988, 359-359, Bauer, Klaus-Albert
CR 1988, 423-426, Ilzhöfer, Volker (Entscheidungsbesprechung)
CR 1988, 799-806, Loewenheim, Ulrich
CR 1988, 819-823, Syndikus, Bernhard (Entscheidungsbesprechung)
iur 1988, 88-88, Zahrnt, Christoph (Anmerkung)
GRUR 1989, 471-485, Hellfeld, Axel von
GRUR 1989, 559-577, König, M Michael
RDV 1990, 68-77, Lehmann, M
Jur-PC 1990, 553-556, Röttinger, Moritz
CR 1990, 9-17, Heymann, Thomas
BB Beilage 1990, Nr 24, 10-10, Zahrnt, Christoph (Anmerkung)
CR 1991, 150-151, Lehmann, Michael (Anmerkung)
CR 1991, 158-159, Gravenreuth, Günter von (Anmerkung)
Jur-PC 1991, 1059-1060, Waltl, Peter (Anmerkung)
ZUM 1991, 234-235, Syndicus, Bernhard (Entscheidungsbesprechung)
GRUR 1991, 455-456, Gravenreuth, Günter von (Anmerkung)
NJW 1991, 2105-2111, Haberstumpf, Helmut (Entscheidungsbesprechung)
CR 1991, 584-592, König, M Michael
CR 1991, 715-717, Holländer, Günther
RDV 1992, 53-62, Hoppmann, Hans-Dieter
Jur-PC 1992, 1567-1567, Marly, Jochen
GRUR 1992, 419-423, Broy, Manfred
EWiR 1993, 1113-1114, Hoeren, Thomas (Anmerkung)
JZ 1994, 938-945, Heinrich, Bernd (Entscheidungsbesprechung)
Jur-PC 1995, 3223-3234, Kapnopoulou, Elizabeth N (Aufsatz)

Rechtszug:
vorgehend OLG Karlsruhe 1983-02-09 6 U 150/81 GRUR 1983, 300
vorgehend LG Mannheim 1981-06-12 7 O 143/80